Es war ein später Abend als ich den Anruf eines befreundeten Unternehmers erhielt. Er hatte einen Betrieb für die Verlegung von Fußböden, meist zwischen 8-10 Arbeiter und „Frau Anna“ (der Name ist erfunden) die „Perle des Unternehmens“ wie er sie oft bezeichnete. „Diese dumme Kuh, ich weiß nicht was ich mit der mache wenn ich sie zwischen die Finger kriege“ brüllte er ins Telefon. Da ich ihn als ruhigen, besonnenen Menschen kennengelernt hatte, war ich über den Ausbruch mehr als erschrocken. Erst nach einigen Nachfragen wurde die Situation für mich etwas klarer: Seine „Perle“ hatte jahrelang Lieferscheine bzw. Arbeitszeitabrechnungen einfach nicht in Rechnung gestellt. Offenbar war die gute Frau mit dem Arbeitsaufwand völlig überfordert und hatte Aufzeichnungen der Mitarbeiter „verschwinden“ lassen. Darüber hinaus bestand der Verdacht, dass sie Geld abgezweigt hätte. Dies stelle sich allerdings später als unrichtig heraus.
Aufgeflogen war die ganze Sache, als ein Kunde mehrfach nach einer Rechnung fragte, die er für eine Versicherung benötigte.
Nach Durchsicht aller Unterlagen und genaueren Recherchen kam ein Gesamtschaden von ca. EUR 80.000,00 zum Vorschein. Einige Rechnungen konnten noch nachträglich ausgestellt werden, für viele gab es überhaupt keine Aufzeichnungen, da auch frühere Mitarbeiter nicht mehr befragt werden konnten. Es dauerte mehrere Monate, bis das Chaos, dass sie hinerlassen hat, beseitigt werden konnte.
Das Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, als Unternehmer den Überblick zu behalten. Vertrauen in Mitarbeiter zu haben ist eine gute Sache, aber völlig ohne Kontrolle die Existenz des Unternehmens von Mitarbeitern abhängig zu machen ist eine ganz andere.
Viele Jahre lang war ich in Anwaltskanzleien tätig, die Insolvenzverfahren als Masseverwalter abgewickelt haben und es ist erstaunlich, wie oft eine Situation wie die der „Frau Anna“ vorkommt. Es gibt zahllose Variationen. Angestellte (oft sind es auch (Ex-) Partner) die aus Ärger oder Rache ganze Festplatten löschen, Anzeigen bei der Finanz einbringen über Betrügereien, die sie selbst verursacht haben (aber natürlich haftet die Geschäftsführung und nicht die Sekretärin) und ähnliches mehr.
Gegen Betrug ist vermutlich kein Kraut gewachsen, dennoch gibt es einige Punkte, die man als Unternehmerin beachten sollte:
- Es müssen regelmäßig back-ups (Kopien) von allen relevanten Dateien erstellt werden, die entweder außer Haus gelagert werden oder, falls in der Cloud dann mit einem Zugriffscode den NUR der Unternehmer hat.
- Behalten Sie einen – zumindest groben – Überblick über Eingangs- und Ausgangsrechnungen.
- Prüfen Sie regelmäßig die Bankkonten. Wenn Angestellte Überweisungen tätigen können, dann nur nach dem 4-Augenprinzip (Ihre Bank berät Sie gerne).
- Werden Sie stutzig wenn Angestellte kaum Urlaub nehmen bzw. sich „unersetzlich“ machen.
- Verhalten Sie Sich stets korrekt zu Ihren Angestellten und geben Sie ihnen keinen Grund für Rachegelüste.
Wie bereits geschrieben: Wenn jemand wirklich betrügen will und geschickt vorgeht, wird er einen Weg finden und zumindest kurze Zeit unentdeckt bleiben. Je genauer Sie die Übersicht haben, desto schwieriger wird es für den Betrüger.
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