Es ist schon einige Jahre her, da traf ich mich mit einer Studienkollegin zum Kaffee in der Wiener Innenstadt. Die Gute war sichtlich aufgebracht. Es stellte sich heraus, dass sie eben von ihrem Anwalt kam. Gerade hatte sie sein Büro verlassen und ging durch das Stiegenhaus, als ihr im Eingangsbereich neben dem Papiercontainer mehrere Schachteln aufgefallen sind, aus denen der Luftzug immer wieder einzelne Blätter herauswehte. Bei näherem Hinsehen erkannte sie, dass es sich um alte Akten der Kanzlei handelte. Aufgebracht lief sie wieder zurück und stellte den Anwalt zur Rede.
Dem war die Angelegenheit offensichtlich sehr peinlich. Er hatte eine Kanzleimitarbeiterin gebeten, alte Akten zu entsorgen und sich nicht weiter darum gekümmert. Er ging davon aus, dass eine Spezialfirma damit beauftragt wird, seine Kanzleimitarbeiterin dagegen entsorgte die Akten einfach in den Müll. Im Eiltempo wurden die Schachteln wieder in die Kanzlei gebracht und die verblasenen Blätter eingesammelt.
Heute wäre (hoffentlich) das Bewusstsein für sensible Daten vermutlich doch größer, aber natürlich kann es auch heute noch zu Missverständnissen kommen.
Nicht nur wegen der Datenschutzgrundverordnung sollten Unternehmer mit persönlichen Daten ihrer Kunden, Mitarbeiter oder Lieferanten sorgsam umgehen. Besonders wer Zugang zu hochsensiblen Informationen hat sollte diese mit angemessener Sorgfalt verwalten.
Aber es geht weit darüber hinaus. Jeder kennt das Klischee, dass Frauen ihren Friseuren alles erzählen – jeder Friseurlehrling weiß, dass solche Gespräche streng vertraulich sein müssen, wer sich nicht daranhält, läuft Gefahr Kunden zu verlieren. Vertrauen, das man einmal verloren hat, lässt sich nicht wiederaufbauen.
Besonders für Unternehmen im ländlichen Raum oder Unternehmen in einem überschaubaren Bereich ist es dringend geboten, sich besonders diskret zu verhalten und auch Mitarbeiterinnen auf die Verschwiegenheitspflicht und Diskretion hinzuweisen – gegebenenfalls auch wiederholt. Gerade wenn jeder jeden kennt, ist man versucht, auch unbewusst, Informationen weiterzugeben, die man besser für sich behalten hätte.
Mir ist ein Fall bekannt, wo ein Betreiber einer Autowerkstatt im Dorfwirtshaus erzählt hat, wo er das Auto von Herrn K. abgeholt hat. Er hat sich nichts Böses dabei gedacht, aber diese Information war der Auslöser für die Scheidung von Herrn K. und auch wenn es in diesem Fall für den Automechaniker keine Konsequenzen hatte (ausgenommen die Tatsache, dass er sowohl Herrn als auch Frau K. als Kunden verloren hat) war die ganze Sache sehr unangenehm für ihn.
Lassen Sie keine Rechnungen, Aufträge, etc. so auf Ihrem Schreibtisch liegen, dass nachfolgende Kunden Einblick nehmen könnten; manchmal reicht es schon, die Blätter einfach verkehrt auf den Tisch zu legen.
Es gibt immer wieder Grenzbereiche die schwierig zu handhaben sind, besonders wenn es sich bei den Kunden um betagte Menschen handelt und Angehörige um Informationen ersuchen, die sie in einem anderen Fall nicht geben würden. Versuchen Sie nach Möglichkeit mit den Kunden Rücksprache zu halten, klären Sie im Vorfeld wem Sie welche Informationen geben können. Das ist natürlich ein administrativer Aufwand aber so sichern Sie sich ab.
Sie brauchen sicher keinen „diskreten Hauseingang“ um künftig Ihre Kunden zu empfangen, aber überlegen Sie, wo allenfalls Schwachstellen liegen könnten und schaffen Sie auch bei Ihren Mitarbeitern ein Bewusstsein dafür!