MITARBEITERFÜHRUNG ALS KÖNIGSDISZIPLIN

Herr K. betreibt einen kleinen Tischlereibetrieb mit 3-4 Mitarbeitern und jeweils einen Lehrling. Bei mehreren Beratungsgesprächen kamen wir beide zu der Erkenntnis, dass es vernünftig wäre, wenn Herr K. eine Halbtagskraft einstellt, die Büroarbeiten erledigt, Anrufe entgegennimmt, Rechnungen schreibt und die Buchhaltung für den Steuerberater vorbereitet.

 

Wir kamen überein, dass es besser ist, nach jemanden zu suchen, der schon Erfahrung hat und die Aufgaben nach kurzer Einschulung selbständig erledigt.

Herr K. bat mich, ihm bei der Suche zu unterstützen und nach kurzer Zeit fanden wir Frau N. Sie schien perfekt für diesen Job. Bei ihrem letzten Arbeitgeber, der kürzlich in Pension ging, hatte ich sie kennengelernt, sie erfüllte alle Anforderungen und auch menschlich schien es gut zu klappen.

6 Monate später rief ich bei der Firma von Herrn K. an und hatte Frau N. am Telefon. Wir plauderten ein wenig und ich hatte den Eindruck, sie ist sehr unglücklich. Als ich sie darauf ansprach sagte sie nur: „Wissen sie, der Chef macht mich wahnsinnig. Lange halte ich das nicht mehr aus.“

Als ich mich kurz danach mit Herrn K. zu einer Besprechung traf, hörte ich von ihm fast dasselbe. „Sie macht mich noch verrückt.“ Da ich Frau N. empfohlen hatte, fragte ich nach, wo denn das Problem sei. Es stellte sich folgendes heraus:

Frau N. war von ihrem bisherigen Arbeitgeber sehr selbständiges Arbeiten gewohnt. Sie erledigte alles sehr eigenständig und eigenverantwortlich. Herrn K. hingegen schien es wichtig, dass die Dinge „auf seine Weise“ erledigt wurden. Ich bot meine Hilfe an und ließ mir von Frau N. zunächst die administrativen Abläufe erklären. An denen gab es grundsätzlich nichts auszusetzen. „Manchmal habe ich das Gefühl, er möchte mir erklären, wie ich den Kugelschreiber zu halten habe, aber wenn ich was fragen will, hat er nie Zeit.“ klagte Frau N..

Die Kunst der Mitarbeiterführung besteht im Wesentlichen darin, die Mitarbeiter einerseits eigenverantwortlich ihren Aufgabenbereich bearbeiten zu lassen. Das fördert die Motivation und das Zugehörigkeitsgefühl mit dem Betrieb. Andererseits ist es natürlich wichtig, dass der Vorgesetzte bzw. der Unternehmer jederzeit einen Überblick hat und auch unangekündigte Kontrollen durchführt. Wenn es für den Ablauf im Unternehmen keinen Unterschied macht, sollte ein Vorgesetzter jedoch nicht den WEG überprüfen sondern das ERGEBNIS.

Wenn man Mitarbeitern jeden Arbeitsablauf detailliert vorschreibt, darf man sich nicht wundern, wenn diese nur noch „Dienst nach Vorschrift“ machen und jegliche Eigeninitiative fehlt. Andererseits muss natürlich der Unternehmer, der ja für Vorgänge innerhalb der Firma haftet, jederzeit den Überblick haben, um keine bösen Überraschungen zu erleben. (Siehe dazu auch meinen Blogbeitrag vom 15.10.2018, WARUM DIE PERLE DES UNTERNEHMENS GEFÄHRLICH WERDEN KANN. https://mechesbc.at/warum-die-perle-des-unternehmens-gefaehrlich-werden-kann/). Vielen Unternehmern fällt es schwer, andere Vorgangsweisen als die eigene zu akzeptieren. Aber objektiv betrachtet sind diese oft effizienter. Gute Unternehmer jedoch investieren nicht nur in die Ausbildung ihrer Mitarbeiter, sondern sie profitieren auch von deren Ausbildung, die sie anderswo erworben haben.

Nun führte ich auch ein gesondertes Gespräch mit Herrn K. Wir besprachen die Möglichkeit, Frau N. bei ihrer Arbeit mehr Freiräume zu geben und dennoch ständig die Kontrolle zu behalten. In einem dritten, gemeinsamen Gespräch wurde vereinbart, dass Frau N. weitgehend ihre Arbeit selbständig erledigt, jedoch alle 14 Tage ein Meeting von zumindest 30 Minuten stattfindet, wo Herr K. alle anstehenden Probleme mit Frau N. bespricht und sie ihm relevante Unterlagen (Kontoauszüge, Kundenkonten, etc.) vorlegt. Bei dringenden Problemen schickt sie eine Email, die er von seinem Handy aus lesen und kurzfristig darauf reagieren kann.

Bei der Umsetzung gab es Anfangs noch ein paar Probleme, aber im Wesentlichen wurde die Vereinbarung so eingehalten.

Kürzlich wurde ich zu einer kleinen Feier eingeladen. Neben dem Geburtstag von Herrn K. wurde auch die 5-jährige Firmenzugehörigkeit von Frau N. gefeiert.

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